Graitschen

Seit 1145

Anfänge der Siedlungsgeschichte

Um es hier schon zu erwähnen: Die Darstellung der Geschichte des Dorfes Graitschen muß leider lückenhaft bleiben, weil 1743 ein Brand in der Pfarrei viele Akten vernichtete.

Urkundlich wurde das zwischen Jena und Bürgel gelegene Graitschen erstmals um das Jahr 1146 erwähnt, und zwar in einer Verfügung des Bischofs Udos I. von Naumburg. Auf dem Gleisberg und dessen Umgebung standen in grauer Vorzeit Siedlungen. Bei Ausgrabungen wurden Werkzeuge aus der jüngeren Steinzeit (1500 bis 1800 v. Chr.) und aus der jüngeren Bronzezeit (1800 bis 750 v. Chr.) gefunden.

Während der Völkerwanderung (400 bis 800 v. Chr.) ließen sich zwischen Saale und Elbe die Sorben (Slawen) nieder. Die meisten Dörfer im Gleistal sind slawischen Ursprungs. Das geht aus den Ortsnamen hervor, die auf die Silben nitz, litz, itz enden oder in denen sich die s-Laute häufen: Jenalöbnitz, Beutnitz, ebenso Graitschen (im Jahre 1145: Critchin, 1280: Graize, 1283: Croyzen, 1356: Graitschen).

Graitschen bestand aus zwei getrennten Siedlungen, aus Poleb, dem heutigen Unterdorf, und Graitschen, dem jetzigen Oberdorf. Für Poleb gibt es zwei Deutungen: po = an, leba = Linde, also an der Linde, und po = an, labe (Fluß), am Bach. Die damalige Trennung führte möglicherweise zu dem Kuriosum, daß bis zum Beginn des vorigen Jahrhunderts das Oberdorf zum Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach und das Unterdorf zum Herzogtum Sachsen-Altenburg gehörte.

12. Jahrhundert

1146 Ersterwähnung

13. Jahrhundert

1280 wurde in einer Urkunde des Klosters Bürgel die ersten Rittergutsbesitzer des Ortes, allerdings nur mit ihren Vornamen, erwähnt: 1280 Konrad von Graiz

14. Jahrhundert

1307 Dietrich von Greuschen; 1325 Dietzmann von Groytzschen; 1327 Werner von Grhowschen; 1370 Heidenreich von Graitschen; 1377 Martin von Groyzschen

15. Jahrhundert

1442 erwarb Hans von Leihe das Vorwerk des Klosters (das spätere Rittergut). Im Falle seines Todes sollte das Gut wieder dem Kloster übereignet werden, ebenfalls der ihm gehörende Weinberg. Hingegen war dem Kloster aufgetragen, den Meßwein für die Kirche in Graitschen zu liefern. Hans von Leihe gab dem Kloster Jahr für Jahr zwei Fuder Heu ab. Dafür hatten die Frontpflichtigen des Ortes dem Besitzer ihre Dienste anzubieten. 1494 war Hans von Weida Rittergutsbesitzer.

16. Jahrhundert

1526 Eustachius von Draxdorf. Hans von Leihe war in Übereinkunft mit dem Kloster Lausnitz der Begründung der Pfarrei Graitschen. Der erste Priester, der 1447 sein Amt antrat, hieß Georg Weber. 1536 entstand eine größere Pfarrei. Die Kirche wurde von 1530 bis 1540 erbaut. Es kann angenommen werden, das an der gleichen Stelle bereits ein Gotteshaus gestanden hat.

17. Jahrhundert

1652 Der Wangenheimische Pachtmann Arndt Schäfer hatte sich der Strafe entzogen, für das Jagen der Rehe 100 Goldgulden zu zahlen. Er möchte erklären, ob er in kürzester Frist der Aufforderung nachkommen wolle ... Doch es ergab sich, daß es Arndt Schäffer erlaubt war, drei Rehe zu Schießen. 1680 Friedrich Wilhelm von Wangenheim ließ in das Kirchenbuch eintragen, daß am 13. September 1680 die Zwillinge Johann Ludwig und Georg Heinrich geboren wurden. Am 12. April 1683 erblickt sein Johann Esaias das Licht der Welt. Mit seinen Unterschriften bestätigte er seine Vaterschaft.

18. Jahrhundert

1744 In dem hiesigen Wangenheimischen Graitschen war es am 22. Mai zu drei Feuersbrünsten gekommen. Wie sie entstanden, konnte nicht ermittelt werden. Es gibt Vermutungen, daß der Pfarrer geschädigt werden sollte; denn seine Wohnung brannte zuerst. 1751 Am 14. August hatte der Hof- und Jagdjunker Johann Georg von Wangenheim zu Graitschen um hohen lehnsherrlichen Konsens (Übereinkunft) wegen seiner zweiten Verheiratung nachgesucht. Am 2. Februar 1752 wurde ihm mitgeteilt, daß keinerlei Bedenken bestünden. 1757 Friedrich Albrecht von Wangenheim, Sohn des Johann Georg von Wangenheim, wurde am 7. Januar in Graitschen geboren; er starb am 31. August 1813. F.A. von Wangenheim zeugte neun Kinder. 1790 Am 19. Mai heiratete der Pfarrer Johann Christoph Giegold die Tochter des Pfarrers Streicher aus Aue. 1796 Am 19. August wurde Friedrich Fersinand von Wangenheim, Sohn der beiden zuvor Genannten, getauft.

19. Jahrhundert

1800 In Graitschen starben mehrere Personen an der Ruhrkrankheit, an der Verzehrung, an Fleckenfieber, an der Brustkrankheit, an Darmentzündung, Nervenfieber, Gichtbeule, Schnepfenfieber, Schlagfuß, Frieselfieber. 1806 Ferdinand von Wangenheim, Major im altburgischen Regiment, starb an der Brustwassersucht. Der Gottesacker wurde Leichenacker genannt. Es ist wiederholt zu lesen: Er (der Verstorbene) wurde mit einer Standrede zur Erde bestattet oder mit einer Leichenrede der Erde anvertraut, Kinder mit einem Segensspruch oder mit der "Collecte". 1813 Am 31. August starb der herzogliche sächsische-gothaische Major Friedrich Albert von Wangenheim. Er hatte in Gemeinschaft mit seinem Bruder, dem königlichen-sächsischen Obmeister Johann Christoph von Wangenheim, das Mannlehngut zu Graitschen besessen. Der königlich-sächsische Rittermeister Ludwig Erasmus von Etzdorf hatte als Vormund der nachgelassenen beiden unmündigen Söhne des Majors die Lehnmutung zu besorgen. Aus einem Bericht des Pfarrers Lassius geht hervor, daß er vom adligen Gut sechs ar Land für die Wochenpredigt in der Gutskapelle bekam. Den hiesigen Adligen war es gestattet, sich in der Kirche begraben zu lassen. Außerdem wurde ihnen zu Ehren an drei Tagen jeweils eine halbe Stunde geläutet. In der Kirche befinden sich vierzehn Grabsteine, deren Aufschrift leider zum größten Teil unleserlich geworden sind. Das trifft nicht zu auf die Grabsteine für Heinrich Wilhelm von Wangenheim (+ 1676), Johann Georg von Wangenheim(+ 1721) und Heinrich von Wangenheim (+1775). 1825 Nach dem Tod seines Bruders Ferdinand von Wangenheim am 19. Februar 1833 war der Forstmeister Hermann von Wangenheim zu Hummelshain alleiniger Besitzer des Mannlehnrittergutes zu Graitschen. Er wollte Darlehen aufnehmen, zur Sicherheit das Rittergut verpfänden und bat um ein Zeugnis, woraus die Hypotheken und Hypothekenfähigkeit dieses Gutes hervorgingen.

20. Jahrhundert

1904 Am 7. Juni wurde in der Flur Graitschen mit dem Bau der von Eisenberg nach Porstendorf führenden Eisenbahn begonnen (genannt "Esel"). 1911 war das wichtigste Ereignis für die Gemeinde der Kirchbau. Es wurde ein wesentlicher Teil abgerissen und ein neuer in größerem Maßstab und stilvoller Form angegliedert.

Esel

Quelle: "Alte Akten erzählen Ortsgeschichten, Jenalöbnitz, Graitschen, Nausnitz, Poxdorf", ReFIT e.V., Jena, 1997